Katastrophe oder Geniestreich?
Tja, was soll man nun über Star Wars: Die letzten Jedi schreiben? Der zweite Beitrag zur neuen Trilogie läuft nun seit einigen Wochen in den Kinos und die Fans sind, so mein erster Eindruck, völlig zwiegespalten. Auf der einen Seite lassen sich jene finden, die den Film für seinen Bruch mit der Tradition loben und ihn mit Das Imperium schlägt zurück vergleichen. Auf der anderen Seite eben diejenigen, die den Film als Flop des Franchises deklarieren und im direkten Vergleich fast schon wohlwollendere Worte für die Prequel-Trilogie finden, die ab 1999 schon einmal die Fans in zwei Gruppen spaltete. Dass diese Beobachtung gar nicht so weit hergeholt ist, unterstüzt beispielsweise der Audience Score von Rotten Tomatoes. Um es gleich deutlich zu machen, muss ich gestehen, dass ich zu zweiter Gruppe gehöre und den Film als herbe Enttäuschung empfinde. Meine absolut subjektiven Gründe dafür möchte ich nun im Folgenden in kurzer Form etwas darlegen. Ich muss jedoch auch darauf hinweisen, dass mein Kinobesuch nun schon einige Wochen zurückliegt und ich mich eventuell nicht korrekt an alle Details erinnere. Somit ist der folgende Text eher eine Sammlung erster, unreflektierter und nicht unbedingt strukturierter Eindrücke. Und keinesfalls mehr!
Das Drehbuch
Mein erster und für mich relevanteste Kritikpunkt ist das Drehbuch, welches doch unerwartet schwach ausfiel. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich mit 152 Minuten um den bisher längsten Star Wars-Film handelt, könnte man meinen, dass dieser thematisch viel abarbeiten möchte und daher diese Spielzeit auch benötigt. Die Haupthandlung ein ganzes Stück voranzutreiben, gelingt Rian Johnson jedoch nur mäßig. Stattdessen verrennt er sich in vielen neuen Charakteren und dessen Nebenhandlungen, die fehlplatziert und trotz der enormen Spiellänge unausgereift wirken. Im Ergebnis führt dies zu einer schwachen Einführung dieser Charaktere (Benicio del Toro als DJ und Kelly Marie Tran als Rose Tico), deren Relevanz für die Haupthandlung nahezu völlig belanglos ist. Auch wenn DJ noch als Schurkenersatz für Lando Calrissian durchgehen mag, obwohl es sich schon um sehr unterschiedliche Charaktere handelt, lernen wir Zuschauer Rose Tico als nervendes Love Interest für Finn kennen. Während Rose zum Ende hin im Kampf mit der Ersten Ordnung stirbt und DJ sich wieder der Weltraumpiraterie widmet, stellt sich dem Zuschauer die Frage, ob man sich die vorangegangen Nebenhandlungen nicht auch hätte sparen können. Vor allem weil weder DJ noch Rose die Haupthandlung stark beeinflussen, noch zur Entwicklung der Hauptcharaktere maßgeblich beitragen. Sie wirken völlig austauschbar durch andere stereotypische Charaktere und nehmen unnötig Spielzeit ein. Als Zuschauer verweilt man uninteressiert bis genervt im Kinosessel. Hinzu kommt, dass der Film im Kern nichts weiter ist als eine mehr als zweistündige Verfolgungsjagd, die in ihrem Tempo jedoch unerwartet langsam ausfällt und lediglich dazu dient, die Helden der alten Saga durch die neuen Charaktere vollends abzulösen.
An dieser Stelle möchte ich auf drei konkrete Szenen eingehen, die mich kopfschüttelnd zurückgelassen haben. Die letzte Einstellung aus Das Erwachen der Macht endet damit, dass Rey Luke aufspürt und ihm sein altes Lichtschwert mit Tränen in den Augen übergibt. In dieser Handlung steckt die Hoffnung, dass der einst mächtige Jedi sein Einsiedlertum zum Wohle seiner Freunde und der Galaxie aufgibt und sich dem Feind ein letztes Mal stellt, da die Situation ausweglos scheint. Dieser Moment ist für uns Fans durchaus ein emotionaler, da wir Luke lange nicht auf der Leinwand gesehen haben und schon gar nicht als Jedi-Meister. So ist der Wunsch da, dass unser liebgewordener Held noch einmal in den Kampf gegen die dunkle Seite zieht. J. J. Abrams hat hier für einen bedeutenden Moment gesorgt und einen starken Cliffhanger für Episode VIII aufgebaut. Was hat Rian Johnson nun mit dieser Vorlage gemacht? Er beginnt da, wo J. J. Abrams Erzählung endet und spielt mit der Erwartungshaltung der Zuschauer. Dass Luke sein Lichtschwert ergreift und wegwirft, kam für viele sicherlich überraschend. Diese Entscheidung will ich auch gar nicht in Frage stellen. Ich finde sie sogar sehr gut in Anbetracht der Ausgangssituation. Was mich jedoch sehr gestört hat, ist die Art und Weise, wie dies inszeniert wurde. Kamera und Postproduktion dieser Einstellung führen eben wieder dazu, dass sie komisch wirkt, was sie an dieser Stelle nun wirklich nicht sein sollte. Man könnte sogar so weit gehen und Johnson unterstellen, hier eindeutig Stellung zu Abrams Vorlage zu beziehen und gleichzeitig die Ansage zu machen, mit der Tradition zu brechen. Die Komik wirkt hier gerade zu als Kampfansage an die bisherige Erzählung. Und tatsächlich passiert in Die letzten Jedi genau das. Johnson schlägt einen neuen Kurs ein und verpasst dem Franchise durchaus neuen Wind, was zu ausgesprochen ungewohnten Wendungen führt, von denen eine jedoch einen besonders faden Beigeschmack hinterlässt. Ich rede hier von der Begegnung zwischen Rey und Supreme Leader Snoke. Letzterer wurde in Das Erwachen der Macht als neuer Superbösewicht etabliert und seitdem stellte die Fan-Community minutiöse Überlegungen und Theorien darüber an, wer Snoke nun sein könnte, welche Motive ihn bewegen und welche Ziele er verfolgt. Dementsprechend war man gespannt, mehr zu erfahren. Die Überraschung erfolgt nun in der Form, dass Snoke von seinem Schüler Kylo Ren ohne Vorwarnung niedergestreckt wird, ohne dass der Zuschauer auch nur die kleinste Information erfährt. Auf der einen Seite ist es eine grandiose Szene, da sie mit der üblichen dichotomen Vorstellung von Gut und Böse innerhalb des Star Wars-Universums bricht und unsere Hauptcharaktere in einer undurchsichtigen Wolke hinterlässt, von der wir noch nicht erahnen können, wozu sie führen mag. Auf der anderen Seite bleibt man als Zuschauer mit vielen unbeantworteten Fragen und somit frustriert zurück. Hier hätte sich Johnson ein wenig mehr Zeit für das Storytelling nehmen können.
Eine weitere ebenso fragwürdige Szene ist Leias Umgang mit der Macht. Aus der alten Trilogie weiß man natürlich, dass sie als Tochter von Anakin Skywalker ebenfalls einen Zugang zur Macht hat und dementsprechend ist es einfach cool zu sehen, wie sie diese auch verwendet. Jedoch ist dies so dermaßen kitschig inszeniert, dass man nur mit dem Kopf schütteln kann. Im Film überwindet sie den Tod im kalten Vakuum des Weltalls und schwebt mit Hilfe der Macht zurück in ein Raumschiff des Widerstandes. Das wäre selbst für Darth Vader ein Badass-Move gewesen. Und wofür braucht der Widerstand so dringend Luke, wenn Leia so mächtig ist? Im Grunde weiß ich nicht so genau, was mich so sehr an dieser Szene stört, aber sie wirkt auf mich einfach nur falsch und übertrieben. Und mit dieser Meinung stehe ich offensichtlich nicht allein da.
Ebenso habe ich eine ambivalente Meinung zu Lukes letztem Auftreten. Ich denke, dass sich die meisten Fans für den neuen Film einen waschechten Kampf zwischen Luke und der Ersten Ordnung und im speziellen mit Kylo Ren gewünscht haben. Dies kriegen wir Fans auch serviert. Jedoch etwas anders als erwartet. Luke, der sein Einsiedlertum dazu genutzt hat, seine Machtfähigkeiten zu perfektionieren, stellt sich gegen Ende des Films allein dem übermächtigen Feind und überlebt zunächst ein Bombardement erster Güte, um anschließend im Duell gegen Kylo Ren anzutreten. Als Fan ist man zunächst begeistert und erstaunt darüber, wie mächtig Luke in der Zwischenzeit scheinbar geworden ist. Leider müssen wir nur wenige Sekunden später feststellen, dass Luke mit Hilfe der Macht eine Illusion von sich erschaffen hat, die alle getäuscht hat und er nach wie vor auf seiner einsamen Insel verweilt. Natürlich ist es beeindruckend, wie mächtig er tatsächlich geworden ist und wozu er in der Lage ist, aber die Tatsache, dass er physisch nicht vor Ort ist, also mit Tricks spielt, hinterlässt doch einige Zuschauer mit einer tiefen Enttäuschung. Klar, durch seine Illusion kann der Widerstand entkommen, aber letztendlich tritt Luke doch nur als besserer Taschenspieler und nicht als mächtiger Krieger für das Gute auf. Irgendwie cool und uncool zugleich.
Allerdings darf man bei all der Nörgelei nicht vergessen, dass Rian Johnson durchaus auch gute neue Ansätze bietet. Allen voran bricht er, wie bereits erwähnt, mit der Tradition und ermöglicht somit neue Entwicklungen für die Haupt- und Nebencharaktere. Dies geschieht nicht nur anhand von Rey und Kylo Ren, sondern auch an der Figur Poe Dameron. Dieser hat bisher als Fliegerass und coolem Hitzkopf einen umwerfenden Ersatz für Han Solo geliefert. In Die letzten Jedi wird diese stereotpische Darstellung eines archaischen Männlichkeitsbildes in Frage gestellt und darauf verwiesen, dass dies vielleicht doch nicht so erstrebenswert, wie bisher angenommen, zu sein scheint. Eine interessante Wendung, die man so von einem Star Wars-Film bisher nicht kennt und auch nicht unbedingt erwarten würde.
Comic Relief
Zugegebenermaßen waren bisher alle Star Wars-Filme stellenweise von komischen Dialogen, Ereignissen oder Kreaturen durchzogen. Beispiele für Letztere wären unter anderem die Ewoks, Jar Jar Binks und das Droiden-Gespann R2D2 und C3P0. Diese Charaktere haben immer wieder für den ein oder anderen Lacher beim Publikum gesorgt und die Star Wars-Saga so zu einer weniger bedrohlich-angespannten Erzählung gemacht. Comic Relief ist als filmisches Stilmittel weit verbreitet und richtig eingesetzt kann es auch zu einem spürbaren Spannungsabbau beim Zuschauer führen. Per se ist dagegen auch nichts einzuwenden. Während J. J. Abrams in Das Erwachen der Macht mit gutem Gespür komische Elemente in den Film hat einfließen lassen, übertreibt es Rian Johnson in Die letzten Jedi jedoch und steigert zudem die Frequenz. Im Ergebnis wirkt es so, als wolle er geradezu krampfhaft Lacher produzieren. So verkommt beispielsweise einer der machtvollsten Gegenspieler, General Hux, zur reinen Witzfigur und der Film insgesamt bekommt eine Klamauk-Note, die ihm nicht gerade gut steht. Dies verhält sich auch diametral zu allen bisherigen Star Wars-Filmen, da sich diese im Kern durchaus ernst genommen haben und nicht den großen Fehler begangen haben, ihre Schurken und Bösewichte durch Komik in ihrer Bedrohlichkeit zu schmälern. Insgesamt führt dies meiner Meinung nach dazu, dass Die letzten Jedi einen erheblichen Schritt in Richtung Belanglosigkeit vollführt hat. Wie soll man die Erste Ordnung als Bedrohung für die Galaxie wahrnehmen, wenn diese so einschüchternd wirkt wie Gonzo aus der Muppet Show?
Fazit
Ad hoc sind dies meine ersten Überlegungen zum neuen Film, die dazu führen, dass ich wirklich enttäuscht bin. Auch wenn der Film wirklich gute Szenen mit überraschenden Wendungen bietet und ich den Bruch mit der Tradition als sehr spannend empfinde, wiegen meine genannten Kritikpunkte für mich doch sehr viel schwerer auf der Waagschale. Nicht zuletzt bemisst sich die Qualität eines Films doch daran, welchen Unterhaltungswert er für einen persönlich hat und auch da muss ich gestehen, dass ich nach etwa 50 Minuten Laufzeit gelangweilt auf mein Handy geschaut habe. Dies scheint noch vielmehr meine Haltung gegenüber diesem Film zum Ausdruck zu bringen als diese paar Worte, da man mir sonst, als langjähriger Star Wars-Fan, fast alles vorsetzen konnte und ich es für gut befand. Als wenn der Verstand sich ausschalten würde, sobald etwas den Namen Star Wars trägt. Leider nicht in diesem Fall.
Ich werde mir Episode VIII sicherlich noch ein zweites Mal anschauen, aber ich vermute, dass sich meine Meinung nicht mehr allzu sehr wandeln wird. Sollte dies wider Erwarten doch der Fall sein, werde ich vielleicht noch mal diesen Beitrag aktualisieren.